Die Gelenke

Die Gelenke

Die Gelenke gehören zum sogenannten passiven Bewegungsapparat in unserem Körper. Als passive Strukturen werden die Gelenke und Knochen bezeichnet, weil sie nicht wie ein Muskel aktiv kontrahieren.

Der Aufbau der Gelenke in unserem Körper ist grundsätzlich immer gleich, egal ob es sich um tragende oder nicht tragende Gelenke handelt.

Tragende Gelenke sind solche, die die Körperlast auffangen (Knie, Hüfte, Rücken). Nicht tragende Gelenke sind die Fingergelenke, die Schulter- und die Ellbogengelenke.

Das Gelenk als funktionelle Einheit

Die Anatomie der Gelenke, wie sie aus den Lehrbüchern bekannt ist, scheint einfach zu sein, aber das Zusammenspielen aller anatomischen Strukturen im und um das Gelenk ist wesentlich komplizierter. Das ist einer der wesentlichen Gründe, weshalb in den vergangenen Jahrzehnten die Arthrose unterschätzt wurde.

Ein Gelenk kann nicht nur auf die Kontaktfläche der jeweiligen Knorpelschichten reduziert werden, sondern wird heute als eine funktionelle Einheit angesehen, in der viele Strukturen mitwirken. Neben den Knorpeloberflächen, die eine nahezu reibungslose Bewegung erlauben, gehören zur funktionellen Einheit des Gelenkes der Knochen, die Gelenkkapsel und die Gelenkschmiere (Synovialflüssigkeit).

Ferner kann man auch Bänder und Sehnen als zu den Gelenken gehörende Strukturen zählen.

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Figur: das Kniegelenk

Das Innenleben des Gelenkes verändert sich mit der Bewegung

Das Innere des Gelenkes ist mit der Gelenkkapsel gegen äussere Einflüsse abgeschlossen. Die derbe und wenig elastische äusserste Schicht der Gelenkkapsel hat eine Stützfunktion, während die innere Schicht der Gelenkkapsel für die Bildung der Gelenkflüssigkeit (Gelenkschmiere) zuständig ist. Ohne diese Gelenkflüssigkeit, die hauptsächlich aus Hyaluronsäure besteht, würden unsere Bewegungen weit weniger geschmeidig und reibungslos erfolgen.

Das Innenleben des Gelenkes passt sich jeder Situation an: Wird ein Gelenk bewegt, zum Beispiel durch Tätigkeiten wie Laufen oder Velofahren, nimmt die Synthese von neuer Synovialflüssigkeit im Gelenk zu. Interessanterweise nimmt bei der Bewegung auch das Knorpelvolumen durch vermehrte Wasserbindung zu, was zu einer besseren stossdämpfenden Funktion dieses Gewebes führt. Aus diesem Grund ist das langsame Erwärmen der Muskulatur vor dem Sport auch für die Gelenkfunktion wichtig, da auch die passiven Strukturen auf die zu erbringende Leistung vorbereitet werden.

Die Synovialflüssigkeit schmiert nicht nur die Gelenkoberflächen

Die Synovialflüssigkeit wird im Inneren der Gelenke ständig neu gebildet. Sie besteht aus Hyaluronsäure, einem riesigen Molekül, gebildet von Tausenden von Kohlenhydratmolekülen, welche aufgrund ihrer Wasserbindungsfähigkeit der Substanz die charakteristische Viskosität verleihen. Sie wirkt wie ein Öl, welches in einem Motor die Oberflächen schmiert.

Die Synovialflüssigkeit hat nicht nur eine Schmierfunktion im Gelenk, sondern übernimmt auch die Stossdämpfung und Ernährung des Knorpels. Diese Funktion der Ernährung der Knorpelzellen ist wichtig, weil das Knorpelgewebe nicht direkt durchblutet ist, sodass Nährstoffe für die Knorpelzellen nur über Transportprozesse aus anderen Geweben geliefert werden können.

Neben der Synovialflüssigkeit führt auch das gut durchblutete Knochengewebe indirekt Nährstoffe zum Knorpel.

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Figur: die Synovialflüssigkeit
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Figur: Hyaluronsäure

Der Knorpel als Stossdämpfer im Gelenk

Das Knorpelgewebe ist weder direkt durchblutet noch sensibel innerviert. Die Tatsache, dass der Knorpel im Gelenk nicht empfindlich ist, hat ihre Vorteile. Druck- und Zugkräfte im Knorpelgewebe werden bei Bewegungen so nicht wahrgenommen, was im gesunden Zustand ein schmerzfreies Gehen oder Laufen erlaubt. Der Knorpel in den Gelenken nimmt also die Stosskräfte auf und verformt sich dabei und das, ohne Schmerzen auszulösen. Ein regelrechtes Wunder! Die Aufnahme von Stössen und Drücken im Knorpel hat indes noch weitere Vorteile: Durch den Druck, der zum Beispiel beim Laufen auf das Gewebe entsteht, wird das Wasser im Knorpel so verlagert, dass Nährstoffe im Knorpel ausgetauscht werden können. Bewegung gewährleistet somit auch eine korrekte Nährstoffzufuhr für die Knorpelzellen.

Knorpelartige Gewebe sind nicht nur in den Gelenken vorzufinden, sondern auch in Ohrmuschel, Nase, Rippen oder Luftröhre. Diesen Geweben gemeinsam sind die Knorpelzellen (Chondrozyten). In diesen Geweben hat der Knorpel eine Stützfunktion, wie beispielsweise als Knorpelringe in der Luftröhre oder in der Ohrmuschel. Das Knorpelgewebe enthält relativ wenig Zellen. Wenige Zellen im Gewebe deuten darauf hin, dass die Vermehrungsfähigkeit und somit auch die Reparaturfähigkeit des Gewebes limitiert sind.

Die Zellen im Knorpel sind im gesunden Zustand von ihrem eigenen Gewebe umgeben. Niemals findet man Gruppen von Knorpelzellen, die miteinander direkten Kontakt haben. Das ist nicht nur eine anatomische Gegebenheit, sondern auch ein funktionelles Bedürfnis der Knorpelzelle. Tatsächlich nehmen

die Knorpelzellen über mechanische Sensoren auf ihrer Oberfläche ihre Umgebung wahr. Durch Druck- und Zugkräfte, die vom Gewebe auf die Zellen übertragen werden, ergeben sich für die Knorpelzellen Signale, die dazu führen, dass vermehrt Knorpelgewebe gebildet wird oder Erneuerungs- und Reparaturprozesse gefördert werden.

Knorpelzellen sind also im Gewebe, welches sie selber bilden, eingebettet und unterhalten Kontakt mit dem umliegenden Gewebe, sodass sie jeweils über den Zustand des Knorpelgewebes informiert sind. Wichtige Bestandteile des Knorpelgewebes sind die Kollagenfasern, welche dem Knorpel die nötige Festigkeit geben, und die Proteoglykane, welche das Wasser im Knorpelgewebe zurückhalten und diesem so die typische Druckelastizität verleihen. Beide Bestandteile, Kollagenfasern und Proteoglykane, werden von den Knorpelzellen laufend gebildet. Die relativ geringe Anzahl Knorpelzellen im Gewebe setzt jedoch diesen Prozessen häufig enge Grenzen. Das ist bei Verletzungen an Gelenken besonders zu berücksichtigen, vor allem mit Blick auf die Heilungszeit nach Verletzungen.

Die Kollagenfasern des Knorpels sind im Knochen fest verankert und geben diesem Gewebe den nötigen Halt und seine Struktur. Zwischen dem Kollagengeflecht befinden sich die Proteoglykane, zu denen die Hyaluronsäure, das Chondroitinsulfat und das Keratansulfat gezählt werden. Die Proteoglykane, welche zu einem grossen Teil aus schwefelhaltigen Kohlenhydraten bestehen, haben eine ausserordentliche Wasserbindungsfähigkeit und halten das Wasser im Knorpel zurück. Der hohe Wassergehalt des Knorpels (bis zu 60 % des Gewichtes vom Knorpel sind Wasser), verleiht ihm seine typische Druckelastizität, welche die Grundlage für die Stossdämpfung ist.

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Figur: Chondrozyten
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Figur: extrazelluläre Matrix

Die funktionellen Bestandteile von Gelenken

Das Gelenk wird heute als funktionelle Einheit aufgefasst, da die Bestandteile im und um das Gelenk miteinander eng interagieren. Neben dem Knorpel, welcher die Reibungsfläche bildet, sind weitere anatomische Strukturen wie Gelenkkapseln, Knochen, Bänder, Sehnen und Muskeln wichtig. Die Gelenkkapsel schirmt das Gelenk nach aussen ab, sodass im Gelenk selber ein eigenständiges Milieu herrscht. Synovialmembran und Synovialflüssigkeit sind ausschlaggebend für das Innenleben des Gelenkes und die Ernährung des Knorpels.

Ausserhalb der Gelenkkapsel ziehen sich Bänder, Muskeln und Sehnen über das Gelenk. Das Zusammenspiel von aktivem und passivem Bewegungsapparat findet in den Gelenken seinen

Angelpunkt: Muskeln und Sehnen bewegen Gelenke, während Gelenke schmerzfreie muskuläre Kontraktionen ermöglichen. Bei Krankheiten oder Verletzungen im passiven oder im aktiven Bewegungsapparat wird jeweils der andere Teil in Mitleidenschaft gezogen: Falls durch eine Verletzung oder Krankheit im Gelenk Schmerzen entstehen, wird der Muskel reflexartig weniger angespannt, worauf er verkümmern kann. Ist hingegen ein Muskel verletzt und wird ein Gelenk weniger bewegt, kann dies zu Zerfallserscheinungen im Gelenk führen.

Besonders eindrucksvoll ist die nach einem Knochenbruch oder nach einer Gelenkverletzung eintretende Muskelatrophie des betroffenen Beines. Auch bei Verschleisserscheinungen an Gelenken wie bei der Arthrose, ist, bedingt durch die Gelenkschmerzen, ein Muskelschwund zu beobachten. Für die allgemeine Gesundheit von aktivem und passivem Bewegungsapparat ist es deshalb wichtig, immer beide Bestandteile dieses Apparates gesund zu halten.

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Die funktionellen Bestandteile von Gelenken

Das Kniegelenk ist das grösste gewichttragende Gelenk in unserem Körper. Im Kniegelenk befinden sich die Kontaktflächen zwischen dem Oberschenkelknochen (Femur) und dem Unterschenkelknochen (Tibia). Die Knorpeloberfläche im Kniegelenk wird in einen seitlichen lateralen und inneren medialen Teil unterteilt. Der Femurknochen im Bereich des Knies besteht aus einem medialen und lateralen Condylus, während der Unterschenkelknochen in laterales und mediales Tibialplateau unterteilt wird.

Im Inneren des Gelenkes befinden sich das vordere und hintere Kreuzband. Diese beiden straffen Bänder verlaufen in der Mitte des Gelenkes, kreuzen sich dabei und verhindern, dass Ober- und Unterschenkelknochen bei der Bewegung nach vorne oder nach hinten rutschen. Die Menisken, welche aus zwei halbkreisförmigen derben Bindegewebsringen bestehen, vergrössern die Kontaktoberflächen im Kniegelenk und stabilisieren es.

Seitlich am Kniegelenk verlaufen das mediale innere und das laterale äussere Band, welche ein Überdrehen des Kniegelenkes nach innen oder nach aussen verhindern.

Zu den Muskeln, die sich über das Kniegelenk ziehen, zählt man unter anderem den Musculus rectus femoris. Der sehnige untere Teil dieses Muskels setzt an der Frontseite des Unterschenkels kurz unterhalb des Knies an der Tibia an und ist zusammen mit anderen Muskeln der Vorderseite des Oberschenkels (der Quadriceps-Muskulatur) der wichtigste Streckmuskel des Beines. Im sehnigen Teil dieses Muskels, der über das Kniegelenk verläuft, ist ein rundlicher knöcherner Teil, die Kniescheibe (oder Patella), enthalten. Die Kniescheibe besitzt auf ihrer inneren Seite, zu Ober- und Unterschenkelknochen gewandt, eine Knorpelschicht und gehört zum Kniegelenk. Die Kniescheibe rollt mit ihrer Knorpelschicht bei jedem Schritt über die Knorpeloberflächen des Oberschenkelknochens (Femurkondylen) weg und erleichtert wesentlich das Strecken des Beines.

Das Kniegelenk ist das grösste Gelenk des Menschen. Dementsprechend fällt auch das Volumen des Gelenkes aus: Die Gelenkkapsel des Kniegelenkes ist sehr umfangreich und umgibt sowohl die Kniescheibe als auch die Strukturen im Bereich der Kniebeuge. Sie enthält circa fünf bis sechs Milliliter Gelenkflüssigkeit, die im gesamten Gelenk verteilt sind.

Die Funktion der Hände verleiht den Menschen gegenüber anderen Säugern wesentliche Vorteile. Mit den Händen kann der Mensch Bewegungen ausführen, die den meisten Tierarten nicht möglich sind. Die Hand ist nicht nur sehr wertvoll, sie ist auch eine der komplexesten Strukturen unseres Körpers. Sie besteht aus vielzähligen kleinen Gelenken, Muskeln, Sehnen und Bändern, die sie funktionsfähig halten.

Besonders wichtig ist die Feinmotorik der Fingergelenke. Jeder Finger besteht aus drei kleinen Röhrenknochen, die mittels echter Gelenke verbunden sind. So haben wir rund 15 kleine Fingergelenke pro Hand. Jedes Gelenk, so klein es auch sein mag, hat grundsätzlich dieselbe Struktur wie die grossen Gelenke: eine Gelenkkapsel, zwei Knorpelschichten, Sehnen und Bänder, die sich über die Gelenkkapsel ziehen.

Die Fingerknochen sind funktionell mit den Mittelhandknochen (Metacarpus) ebenfalls durch Gelenke verbunden. Die Mittelhandknochen werden von Muskeln und Sehnen begleitet, die den Handteller bilden und durch weitläufige flache Bänder (Aponeurosen) zusammengehalten werden.

Die Handwurzelknochen (Carpi) verbinden die Mittelhandknochen (Metacarpi) mit den Unterarmknochen, dem Radius und der Ulna. Die Handwurzel wird durch acht würfelartige Knochen gebildet, welche mit Bändern eng miteinander verbunden sind. Die Linie zwischen dem Unterarm und dem Handwurzelknochen gilt als das eigentliche Handgelenk.

Die Gelenke zwischen den Handwurzelknochen, dem Unterarm und den Mittelhandknochen sind oft untereinander kommunizierend, sodass sich die Synovialflüssigkeit über eine grössere gemeinsame Fläche verteilt.

Die Muskulatur, die Hand und Finger bewegt, befindet sich aber nicht nur in der Hand. Ein wesentlicher Teil der Muskulatur, welche die Finger beugt und streckt, befindet sich im Unterarm und besitzt lange Sehnen, die bis an die Fingerspitzen reichen. Ein typisches Leiden aus der Überbeanspruchung der Hand und der Finger ist der sogenannte Tennisarm, bei dem die Ansatzstelle des Handstreckers (M. extensor carpi radialis) durch übermässige Beanspruchung im Bereich des Ellbogens schmerzhaft ist.

Der Tennisarm ist nicht nur die Folge eines unsachgemäss verwendeten Tennisschlägers, sondern kann auch durch ergonomisch schlecht gestaltete Arbeitsplätze bedingt sein, bei denen die Bedienung der Computermaus nicht optimal ist. Ein solches schmerzhaftes Geschehen am Unterarm fällt dann unter den Begriff «Mausarm».

Die Wirbelsäule besteht aus insgesamt 34 Wirbeln und bildet das Rückgrat des Menschen. Etwa acht bis zehn Wirbel sind im Bereich des Kreuzbeines (Os sacrum) zusammengewachsen.

Alle anderen Wirbelkörper werden durch Zwischenwirbelscheiben getrennt und sind beweglich. Die Zwischenwirbelscheiben sind keine echten Gelenke, aber sie helfen mit, das Gewicht des Körpers zu tragen und die Wirbelkörper beweglich zu halten. In diesem Sinne haben die Zwischenwirbelscheiben auch eine stossdämpfende Funktion und sind anatomisch entsprechend ausgestattet. Sie bestehen aus einem äusseren derben bindegewebigen Ring, in dem eine gallertartige Masse enthalten ist (der Nucleus pulposus), der den Druck auf die Zwischenwirbelscheibe gleichmässig verteilt.

Die Wirbelkörper besitzen seitliche Fortsätze. An diesen seitlichen Fortsätzen befinden sich die echten Gelenke der Wirbelsäule. Es sind jeweils zwei seitliche Gelenke pro Wirbel vorhanden. Diese Gelenke werden Facettengelenke genannt und haben die typischen Strukturen von echten Gelenken, also Knorpel, Gelenkkapsel, Synovialmembran und Synovialflüssigkeit. Wie alle Gelenke sind sie einem Verschleissprozess (Arthrose) ausgesetzt, welcher mit Schmerzen verbunden ist.

Neben den Zwischenwirbelscheiben und den Facettengelenken sind in der Wirbelsäule viele kleine Verbindungbänder zu finden, welche die knöcherne Struktur der Wirbelsäule zusammenhalten. Auch viele kleine Muskeln halten die Wirbelsäule zusammen. Diese kleinen Muskeln der Wirbelsäule sind wichtige Stabilisatoren unseres Rumpfes. Zwischen der knöchernen Struktur, den Bändern und Muskeln der Wirbelsäule herrscht ein feines Zusammenspiel. Fällt dieses Zusammenspiel aus der Balance, kann es schnell zu Schmerzzuständen kommen.

Die Rückenmuskulatur ist vielschichtig. Zwischen den Wirbeln, die Wirbelfortsätze verbindend, sind kleine Muskeln zu finden (Musculi interfidi und rotatores), welche die Wirbel zusammenhalten. Über diese erstrecken sich dann die grossen Muskeln des Rückens, welche die Streck- und Beugebewegungen ermöglichen und an Beinen, Armen und Kopf ansetzen. Die Wirbelsäule besteht aus vielen kleinen Gelenken, Muskeln und Bändern, die wie andere Organe mit viel Bewegung in Schwung gehalten werden sollten.

Ginocchio
Figur: das Kniegelenk
Dita
Figur: die Fingergelenke
Colonna Vertebrale
Figur: die Wirbelsäule