Was ist die Hypothyreose?
Die Hypothyreose oder Schilddrüsenunterfunktion ist eine Krankheit, bei der die Funktion der Schilddrüse dahingehend beeinträchtigt ist, dass es zu einem Mangel der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin und Thyroxin kommt. Die Drüse ist nicht in der Lage, die für den Körper notwendigen Mengen an Schilddrüsenhormonen bereitzustellen, woraufhin die vielen mit ihr verbundenen metabolischen Prozesse gehemmt werden.
Der Jodmangel
Obwohl dank Jodzusatz im Tafelsalz ein Jodmangel in der Schweiz heute weniger häufig anzutreffen ist, bleibt die Unterfunktion der Schilddrüse infolge eines Jodmangels weltweit mit etwa einem Drittel die häufigste Erkrankung der Schilddrüse. Besonders gefährdet sind Schwangere. Ein Jodmangel in der Schwangerschaft kann zu Aborten oder zu Fehlbildungen bei den Neugeborenen führen, die in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zurückbleiben (Kretinismus).
In der Schweiz, besonders in den Alpen, waren im 18. und 19. Jahrhundert Fälle von Kretinismus häufig anzutreffen, da der Boden dort besonders arm an Jod ist. Um diesen schweren Folgen eines Jodmangels vorzubeugen, wird in der Schweiz das Tafelsalz seit 1920 mit 25 Milligramm Kaliumjodid pro Kilogramm Salz angereichert. Seit den 1970er-Jahren werden auch 100 Milligramm Fluor pro Kilogramm Salz beigemischt, das wichtig für die Gesundheit der Zähne ist.
Ein Jodmangel in der Nahrung führt dazu, dass der Schilddrüse zu wenig Jod für die Synthese von Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) zur Verfügung steht. Infolge des Jodmangels werden somit auch weniger T4 und T3 produziert. Es findet kurzfristig ein Ausgleich statt, indem die Hirnanhangsdrüse über einen Rückkoppelungsmechanismus vermehrt TSH abgibt und somit versucht, die T3-/T4-Synthese zu stimulieren.
Falls der Jodmangel über längere Zeit besteht und damit die T3-/T4-Werte immer zu tief sind, wird aus der Hirnanhangsdrüse fast ungehemmt TSH abgegeben, was bloss zum Wachstum des Schilddrüsengewebes führt (Bildung eines Kropfes), die reduzierte Synthese der Schilddrüsenhormone aber nicht zu beheben vermag.
Sofern rechtzeitig mit einer Jodzufuhr behandelt wird, kann sich ein Kropf zurückbilden. Zur Rückbildung eines Kropfes wird auch Levothyroxin (T4) in Form von Tabletten, Weichkapseln oder Tropfen gegeben, das in der Hirnanhangsdrüse die Bildung und Freisetzung von TSH hemmt und so dem Wachstum des Schilddrüsengewebes entgegenwirkt. Falls ein Kropf infolge Jodmangels über längere Zeit bestehen bleibt, kann sich dieser nicht mehr zurückbilden. In solchen Fällen muss, aus funktionellen und ästhetischen Gründen, die ganze Schilddrüse operativ entfernt werden.
Nach Entfernung der Schilddrüse sind die Patienten lebenslang auf den Ersatz der Hormone T3 und T4 angewiesen. Ersetzt wird bei einer Schilddrüsenunterfunktion in der Regel aber nur mit Levothyroxin (T4), da dieses Hormon ohnehin mengenmässig das wichtigere Hormon ist und zudem viel länger im Körper verbleibt als das Trijodthyronin (T3).
Jodmangel und Schilddrüsenerkrankungen bei Schwangeren
Das Tafelsalz in der Schweiz wird seit fast 100 Jahren mit Jod angereichert, da die Schweiz als Alpenland ein Jodmangelgebiet ist. Seitdem sind die noch im 19. Jahrhundert anzutreffenden Folgen des Jodmangels stark zurückgegangen. Das Problem des Jodmangels scheint jedoch heute mit dem Verzicht auf Salz aus gesundheitlichen Gründen (Bluthochdruck, Diäten, Krankheit usw.) in der Bevölkerung wieder aufzutreten. Besonders achtsam müssen Frauen im gebärfähigen Alter sein.
Ein Jodmangel kann nämlich bei einer Schwangerschaft schwere Folgen auf den Fötus und das Neugeborene haben. Ein Jodmangel kann zu einem ungewollten Schwangerschaftsabbruch (Abort) führen oder die geborenen Kinder bleiben kleinwüchsig und geistig zurück. Nicht nur Jod ist essenziell für eine gesunde Entwicklung des Fötus, sondern generell alle Vitamine, insbesondere die Vitamine B9 und B12, die für die Entwicklung des Nervensystems des Fötus wichtig sind. Der Bedarf an Jod während der Schwangerschaft steigt und bei einem Mangel kann sich sowohl bei der Mutter als auch beim Fötus ein hypothyreoter Zustand entwickeln. Während der ganzen Schwangerschaft ist es deshalb wichtig, dass es nicht zu einer Schilddrüsenunterfunktion kommt. Dies vor allem deshalb, weil der Fötus bzw. das Neugeborene dadurch einen Schaden davontragen kann.
Aus diesem Grund wird die Schilddrüsenfunktion bei Schwangeren besonders genau überwacht. Zur Schilddrüsenfunktionssteuerung werden bei Schwangeren oft auch tiefere TSH-Zielwerte angewandt: Anstelle von 4,0 mU/l werden teilweise auch TSH-Werte von unter 2,5 mU/l angestrebt, um sicherzustellen, dass für eine gesunde fötale Entwicklung auf jeden Fall genügend Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) vorhanden sind. Die Verminderung der TSH-Konzentrationen im Blut wird dadurch erreicht, indem man kontinuierlich die Levothyroxin-(T4-)Dosierung (Tabletten, Weichkapseln, Tropfen) erhöht, bis weniger TSH aus der Hirnanhangsdrüse abgegeben wird (siehe auch Kapitel Schilddrüse).
Im Zusammenhang mit der Schwangerschaft besonders wichtig ist deshalb die Diagnose einer vermuteten subklinischen (ohne Symptome) Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), bei der die T4-/T3-Werte im Blut an der unteren Grenze der Norm liegen und das TSH (thyreoidstimulierendes Hormon) leicht erhöht ist. Schwangere, die sich zu Beginn der Schwangerschaft in einem solchen Zustand befinden, sollten unbedingt das weitere Vorgehen mit ihrem Arzt besprechen, um einem eventuellen Thyroxin-(T4-)Mangel vorzubeugen.
Hashimoto-Thyreoiditis
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Entzündung der Schilddrüse, die durch das eigene Immunsystem (Autoimmunkrankheit) ausgelöst wird. Diese Krankheit ist selten und tritt in der Bevölkerung bei 3 von 1000 Personen auf. Aus noch unbekannten Gründen bilden sich Antikörper gegen die Schilddrüse, die zur Entzündung und fortlaufenden Zerstörung des Schilddrüsengewebes führen.
Als mögliche weitere Ursachen für die Entwicklung einer Hashimoto-Thyreoiditis werden eine genetische Prädisposition und gewisse virale und bakterielle Infektionen diskutiert. Auffallend ist, dass überwiegend Frauen von der Hashimoto-Thyreoiditis betroffen sind (auf einen Mann kommen 10 Frauen, die von dieser Krankheit betroffen sind), und dies typischerweise im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Zur Prävention wird unter anderem eine genügende Jod- und Selenversorgung vorgeschlagen, da diese Spurenelemente die Bildung der Schilddrüsenhormone fördern.
Die genauen Mechanismen, die zur Zerstörung der Schilddrüse führen, sind noch nicht im Detail geklärt. Offenbar bilden sich Antikörper, die gegen einzelne Eiweissstrukturen der Schilddrüse (zum Beispiel Thyreoperoxidase, Thyreoglobulin, TSH-Rezeptoren) gerichtet sind, diese als körperfremd erkennen und sie daher zerstören. Wie so oft bei einer Immunreaktion folgt eine Entzündung und Anschwellung des betroffenen Gewebes. Dabei kommt es auch bei der Hashimoto-Thyreoiditis zur Ausbildung eines Kropfes (Anschwellung der Schilddrüse).
Die Diagnose einer Hashimoto-Thyreoiditis wird anhand der Bestimmung der TSH-, T4- und T3-Werte im Blut gestellt. Eine Hashimoto-Thyreoiditis geht mit der Zerstörung der Schilddrüsenzellen einher und führt zu einer Erniedrigung der Thyroxin (T4)- und Trijodthyronin (T3)-Konzentrationen im Blut und zu einer Erhöhung der TSH-Werte. Es ist somit eine eindeutige Hypothyreose (Unterfunktion der Schilddrüse). Allerdings muss zur endgültigen Diagnose auch nach den Antikörpern im Blut gesucht werden. Bei einer Hashimoto-Thyreoiditis finden sich die typischen Antikörper (Thyreoperoxidase-Antikörper) gegen das Schilddrüsengewebe. Mit diesem Befund und einer Ultraschallaufnahme der Schilddrüse kann die Diagnose gesichert werden. Da eine Hashimoto-Thyreoiditis besonders bei Frauen im gebärfähigen Alter auftritt, muss den wenig spezifischen Symptomen wie Müdigkeit, depressiver Verstimmung oder diffusen Schmerzen zu Beginn der Krankheit besondere Beachtung geschenkt werden, um umgehend eine Therapie einzuleiten.
Die Therapie einer Hashimoto-Thyreoiditis gestaltet sich wie diejenige einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion): Die lebenslange orale Gabe von Levothyroxin (T4) ist die übliche Behandlungs. Da die Hashimoto-Thyreoiditis vor allem Frauen im gebärfähigen Alter betrifft, empfiehlt es sich, um eine ausreichende T4-/T3-Versorgung des Fötus sicherzustellen, den angestrebten Zielwert von TSH tiefer als üblich anzusetzen (TSH-Werte < 3 mU/l anstelle < 4 mU/l) und danach die Levothyroxin-(T4-)Dosierung graduell zu erhöhen, bis die TSH-Konzentration unter 3 mU/l sinkt. Die Schilddrüse muss bei Schwangeren mit Hashimoto-Krankheit ohnehin engmaschig vom Spezialisten überwacht werden.